Hier das Original: https://www.indeon.de/glaube/streit-um-kneipenpastor-von-nastaetten
Eine kleine Eck-Kneipe im Ortskern im rheinland-pfälzischen Nastätten, Zigarettenqualm liegt in der Luft. Titus Schlagowsky, Vollbart, Lederweste, lehnt lässig an der Theke, schwätzt mit zwei Stammgästen.
Gottesdienst in der Kneipe
Schwer vorstellbar, dass an diesem Ort regelmäßig christliche Andachten stattfinden. Das Holzkreuz an der Wand hängt wie aus einer anderen Welt neben Blechschildern der Hamburger Kult-Biermarke Astra mit leicht bekleideten Damen in Lack und Leder.
Titus Schlagowsky ist Kneipier aus Leidenschaft. Und im Auftrag Jesu Christi unterwegs. Mehrmals im Monat bringt der 52-jährige Sachse die frohe Botschaft unter seine Gäste.
Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er das Café und die Kneipe „Schöne Aussicht“. Zu Gott gefunden hat der gelernte Schreiner in seiner Zeit im Knast. Drei Jahre saß er ein wegen Steuerhinterziehung.
Wegen Corona: Andachten auf YouTube
Wieder in Freiheit, absolvierte er eine Prädikantenausbildung bei der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Im Rhein-Lahn-Kreis predigt er vor den Bewohnern von Senioren- und Behinderteneinrichtungen. Während des Corona-Lockdowns hatte er begonnen, Gottesdienste und Andachten in seiner Kneipe zu halten, aufzuzeichnen und auf Youtube zu stellen.
EKHN will sich von Kneipenpastor trennen
Schlagowsky provoziert – und sorgt für Unruhe in der idyllischen 4.000-Einwohner-Stadt im Hintertaunus. Darauf reagiert die Kirche nun und lässt Schlagowskys Beauftragung als Prädikant im September auslaufen, wie der Leiter der EKHN-Öffentlichkeitsarbeit, Stephan Krebs, bestätigt.
Wir stehen für einen achtsamen Umgang mit Menschen.
Grundsätzlich findet er die Idee von Kneipengottesdiensten gut, aber: „Wir haben Qualitätsmerkmale. Wir stehen für einen achtsamen Umgang mit Menschen. Und da fehlt‘s.“ Auch Schlagowskys Art und Wiese mit biblischen Texten umzugehen, kritisiert Krebs. Diese nutze er als Material für die eigenen Ansichten. Das sei nicht die Idee der Verkündigung.
Keinen Respekt vor Poltiker:innen
Außerdem gehe es der EKHN um eine angemessene Sprache, die Schlagowsky nicht einhalte, wie Krebs sagt: „Wenn man Politikerinnen und Politiker in die Nähe von Idioten rückt, ist das einfach ein Schritt in die Respektlosigkeit.“
Schlagowsky schimpfe über Politik und Kirche, inszeniere sich als Lichtgestalt. „Kritik üben ist gut, aber die Menschen dahinter muss man mit Respekt behandeln“, betont Krebs. Mehrere Versuche zu versöhnlichen Gespräche mit der Kirchenleitung vor Ort habe er abgelehnt.
Konflikte im Dekanat Nassauer Land
Auch im Dekanat Nassauer Land ist man nicht gut zu sprechen auf den Hobby-Pastor: „Anfangs haben wir eine Chance darin gesehen, dass er Leute erreicht, die wir nicht erreichen. Dann hat er sich aber schnell losgesagt und einfach sein Ding gemacht“, berichtet der Propst für Rheinhessen und das Nassauer Land, Klaus-Volker Schütz. Es habe „erhebliche Angriffe“ etwa gegen die junge Gemeindepfarrerin gegeben. Ins Detail wolle er nicht gehen.